Die Insel Santa Catarina mit ihren 100 Stränden könnte von West nach Ost und von Norden nach Süden nicht unterschiedlicher sein. Die Meinungen darüber, was einen Besuch lohnenswert macht, bestimmt auch. Floripa, wie die Hauptstadt liebevollerweise von den Einheimischen genannt wird, ist ziemlich groß und glänzend und da wir es im Moment noch ruhig und beschaulich mögen, ziehen wir nach 1 Woche im Norden an der Ostküste Richtung Süden.

Mit Bodyboards der Holzklasse üben wir uns im  „Wellen nachspringen“. Den perfekten Moment zu erwischen, damit die Welle dich bis an den Strand sanft und mit einem breiten Grinsen trägt, ist nicht einfach. Ein stundenlanges Versuchen was mitunter einem Schleudergang ähnelndem Unterfangen gleicht. Genügend Mut braucht man auch, denn, dass was vom Strand aus klein und einfach aussieht, entpuppt sich im Meer als Kraftakt und dich auffressen wollende Monsterwelle. Felix und Luis stürzen sich wie die Musketiere in die Wellen und lernen den nötigen Respekt. Die Gezeiten sind gnadenlos und können ganz schön gierig an den noch jungen Beinen zerren. Dann baden sie stundenlang im Sand und bestaunen die Locals, die in ihren Ganzkörper Wetsuits, wie Robben im Wasser liegen und gemeinsam auf DIE Welle warten. Am Ende des Tages springt immer irgendwo ein kleines Fußball-Match mit Locals heraus, die anfänglich noch belustigt die Blondschöpfe am Ende, ob der Trefferquote und Ehrgeiz doch mit Respekt und Handschlag verabschieden.

Der Osten der Insel ist bekannt für seine Austern und bietet vielfältige Möglichkeiten diese auf recht erschwingliche Art und Weise zu verspeisen. Luis und Felix mampfen fröhlich ihre überbackenen Juwelen, während Stefan lieber beim Huhn bleibt. Da es hier üblich ist gemeinsam zu bestellen, werden die Hauptgerichte zumeist für mind. 2 Personen angeboten. Eine sehr schöne Art miteinander zu speisen. Für die Jungs mitunter nicht so spassig. Den letzten Bissen in den Mund schiebend, gebe ich immer wieder gerne zu bedenken:“ Ihr wisst ja, mit mir ist nicht gut teilen, ich bin mit 7 Geschwistern aufgewachsen“. Ich kann Euch versichern, dass auch für mich die Reise mit 3 Alphatierchen nicht immer „Zucker schlecken“ ist.

 

Die Woche im Norden haben wir auf einem Campingplatz verbracht.  Im Sommer bestimmt heiß und überfüllt, in der Nebensaison aber beschaulich, mit niedrigeren Preisen und sehr angenehmen Temperaturen. Neben den notwendigen Haushaltsdingen haben wir aber vor allem die Zeit mit Tina und Daniel und ihren 3 bezaubernden Mädels verbracht. Die zwei Kreativen (gebürtig aus Dland und zuletzt in der Schweiz lebend) haben ihre Reise lange geplant und sind gut ausgestattet mit Sponsoren bereits vor 6 Monaten aus Dland nach Uruguay gekommen. Sie haben ebenfalls ein Auto vor Ort gekauft, einen Mercedes 307.  Nach dem ersten Umbau und einer darauffolgenden Probezeit haben sie jedoch gemerkt, dass ein Auto für 2 Personen, für fünfe nicht unbedingt praktikabel ist. Es folgte nochmal ein kompletter Umbau. Ihr Start hat sich somit um 3 Monate verzögert und sie als Familie an den Rand der möglichen Belastung gebracht. Mit Kindern können kleine Mücken eben doch zu Elefanten werden.

Einmal mehr finde ich es wichtig auch diese Seiten des „Nomadenlebens“ zu erwähnen: die nicht perfekten, unplanbaren, nicht voraussehbaren Zwischenfälle, die das Menschsein in petto haben kann. So ein Abenteuer ist eine ziemliche Herausforderung für alle – alleine, zu zweit, als Erwachsene aber mit kleinen Kindern noch viel mehr. Zu schön wäre es, wenn die auf Instagram dargestellten Traumwelten, die sich „vanlifediaries“ oder „Homeiswhereyouparkit“ nennen, einzig und allein der Realität entsprächen. Zigtausend Follower und filmreif nachgestellte Szenen können nicht darüber hinweg täuschen, dass der Alltag zumeist anders aussieht. Natürlich kommt es auf das Land, die Jahreszeit, das Fahrzeug und die Begleiter an, aber so sehr man auch an jedes Detail denkt, es wird anders kommen als man es sich vorgestellt hat.

Die Tage des Regens, der feucht klammen Klamotten, der fast unhaltbaren Nähe, der nach Bratfett riechenden Kabine, der voll Sand von den Füssen der lieben Kleinen juckenden Kopfkissen, der zu langen Tagesetappen, der sich in den unpassenden Momenten streitenden Kinder und und und Situationen…. werde selten beschrieben noch gezeigt.

Ich kann euch garantieren, dass ALLE diese Momente haben. Auch die Aussicht darauf, dass diese Zustände in unterschiedlichen Nuancen in den nächsten Monaten dauerhafte Begleiter sein werden, lässt das Herz nicht höher springen aber auf alle Fälle die eigene Toleranzgrenze erweitern.Manchmal bin ich mir nicht sicher, ob wir, wenn die Hutschnur mal wieder platzt, wirklich die besten Vorbilder sind, die unsere Kinder so ungefiltert 12 Monate ertragen müssen.  Wie war noch der Spruch bezüglich der Erziehung: Es braucht ein ganzes Dorf .. ?

Aber was wäre ein Abenteuer ohne Herausforderung? Die Frage ist nur: will man sich dem stellen? Will man daran wachsen? Kann man das als Familie und als Paar aushalten? Wir haben für uns alle Fragen mit JA beantwortet (…naja, die die wir uns vorher vorstellen konnten) und Tina und Daniel haben es auch.

Ihre Kinder sind noch kleiner als unsere Jungs – Selma 1, Ella 5 und Klara 6 Jahre alt.  Das bringt nochmal etwas andere Herausforderungen mit sich. Schön zu sehen, dass auch das zu meistern ist. Wir haben 6 entspannte Tage zusammen verlebt: über lustige und unmögliche Werbejobs gelacht und den Einfluss der Werbung bis hinein ins Familienleben seziert.

Die Werber unter Euch, ob angestellt oder selbständig, werden verstehen, dass die Arbeit in dieser Branche die meisten sehr vereinnahmen und zum Teil bis hin zum burn-out oder in Depressionen treiben. Ein immer noch sehr verschwiegener Zustand. Die Werbung ist oft gnadenlos und wird sich hoffentlich in den nächsten Jahren noch Familienfreundlicher zeigen… Aber zurück zu unserem Abenteuer.

Ein gemeinsames Highlight war natürlich Felix 6. Geburtstag.

 

 

Den haben wir standesgemäß auf einem Piratenschiff verbracht.

Unsere Vorstellung war verwegen und abenteuerlich.  Die Realität war haarsträubend und dennoch herrlich skurril. Ich überspringe mal die erste Stunde, in der wir grün um die Nase an den Tampen hingen. Der Wind und damit auch der Wellengang waren an diesem Tag wirklich gemein. Die kleine Selma hat sich das nicht gefallen lassen und erstmal das gesamte BioMüsli ausgekotzt und Tina somit die Freude bereitet die Bekanntschaft mit dem „Köchen“ unter Deck zu machen. Felix und Ella verharrten in einem bekifft aussehendem Wachkoma. Ich habe mich tapfer zum Caipirinha stand durchgeschlagen und Stefan, Luis und Klara wie Käptain Sparrow mit einem Lächeln im Gesicht. Aus den Lautsprechern schepperten neben der ohrenbetäubenden Musik auch die brasilianischen Anheizersprüche eines wie Captain Sharky verkleideten Piraten.

Die zumeist brasilianischen Gäste fanden es super und ließen sich zu jeglichem Blödsinn hinreißen. Auf  auf einem Podest noch schlechter verkleidete pseudo Zumba tanzende Putzlumpen schwingende Piratinnen, die Step-by-Step der schräg liegenden Bretterbude entgegen zu wirken versuchten. Zum Glück gab es für uns noch ein etwas ruhigeres Plätzchen auf dem Heck, welches bedrohlich hin und her wackelte und es mir erschwerte die Überreste vom Biomüsli vom Sitz zu wischen.

Der erste Inselstopp hat das Blatt dann wieder gewendet und uns die Farbe und das Lachen ins Gesicht zurück gebracht. Nach 2 weiteren Stopps und 5 Stunden Wellengang, waren wir eins mit der Crew und dem nun schon leicht angetrunkenen Partyvolk, die in allen erdenklichen Sprachen „Happy Birthday“ für Felix gesungen haben. Das leichte Zittern in den Beinen, die zerzausten Haare und unsere Erleichterung über die Nichtverwendung der Notinseln haben diesem unvergesslichen Geburtstagsabenteuer einen krönenden Abschluss gegeben. Daniel, der wegen eines eh schon verstimmten Magens im Bus geblieben war, konnten wir von einem einzigartigen Abenteuer erzählen.

Da es in der Nebensaison leider keine Bootstouren der einfachen Art auf andere Inseln gibt, hat sich mein schlechtes Gewissen erst dann gelegt, als die kleine Ella nach 2 Tagen mit einem fröhlichen Gesicht zu mir kam und sagte: „Ich wünsche mir auch so einen tollen 6. Geburtstag“.

Während ich das schreibe sitze ich vor unserem Bigfoot, der direkt am Strand geparkt ist. Die Räder im Sand, 10 Meter feiner Strand, plätschernde Wellen –  so gleichmässig, so friedlich, so ruhig – sollte ich jetzt doch in die „kitsch as kitsch can“- Instagram Falle tappen?

Tut mir leid, aber das kann ich euch auch nicht vorenthalten: Sonnenuntergang mit Sundowner, schwimmen im Abendlicht, Hängemattenmomente unter rauschenden Palmenwipfeln, wandern auf Dschungelpfaden zu Wasserfällen, Frühstück am Strand….

#Homeiswhereyourheartis     #getoutstayout

…. und jeden Abend kehren wir heim in unser neues zuhause, unseren treuen Begleiter der uns den wichtigen Rahmen auf dieser Reise und den Halt im Alltag gibt. Unseren Rückzugsort! Unseren Cocoon! Unser neues Heim!

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