Luis am Steuer. Die Zehenspitzen berühren knapp das Gaspedal. Ein Grinsen von links nach rechts. Ein Jungentraum wird wahr und das auf dem größten Salzsee der Welt. Wenn diese Autofahrt unendlich sein könnte, Luis und Felix würden die Option wählen.
Ich bin mit 3 Männern unterwegs (die zwei kleinen benehmen sich oft schon wie zwei große Alphatierchen…) und so gestalten wir unsere Aktivitäten im Verhältnis 3:1, wenn man die Themenschwerpunkte betrachtet! Es ist ein Heidenspaß, sie so glücklich zu sehen und ich bin froh an vielen Stellen die Verantwortung abzugeben und einfach nur dabei sein zu können. Die Oberverantwortung tragen Stefan und ich eh zusammen, müssen immer für vier denken und wachsam sein, so ist es schön, wenn wir (wie auch zuhause) unsere „Einzelverantwortungen“ haben.
Nach wie vor ist Stefan Highländer über Fahrzeug, Technik und digital Support und ich für körperlich-seelische Belange, Ernährung und Kommunikation (lokal und global). Luis und Felix sind für Disco, Wissenserweiterung und Unterhaltung zuständig. Gerne fuschelt der eine dem anderen in den Verantwortungsbereich, da wir manchmal zu eng beieinander sind, aber im Großen und Ganzen behält jeder seinen Herrschaftsbereich.
An der unberührtesten Stelle vom Salzsee kratzen wir Kristalle von der Rückseite der Schollen und füllen unseren Vorrat auf. Fleur de Sal de Uyuni im roten Jutebeutel! Die Sonne scheint stark. Das weiß reflektiert brutal und nur schemenhaft sind entfernt Inseln oder Berge zu erkennen. Hätten wir kein GPS, wir würden der Fata Morgana auf den Leim gehen. Spuren sind zu erkennen. Aber: traue keiner Spur, deren Verursacher du nicht gesehen hast.
Die Nacht kommt und eröffnet uns ein weiteres Spektakel: Ein Meer aus Sternen und Kometen. Fern ab von jeglichem Lichtsmog. Stefan hat schon lange sein Equipment in Stellung gebracht. Mit der Dunkelheit kommen die Kälte und der Wind. Eingepackt mit Mütze und Handschuhe stehen wir wie berauscht und starren nach oben. Wir fühlen uns wie Ameisen. Und unweigerlich wird uns klar was „in Relation zu“ wirklich bedeuten kann. Zu der Unendlichkeit über uns, gesellt sich eine unfassbare Stille um uns. Kein Rauschen, kein Knacken. Ein Einfaches „Nichts“! Wir sind nur ein Teil des großen Ganzen. Und wenn wir uns bis jetzt schon oft darüber Gedanken gemacht haben, ob es überhaupt Leben irgend woanders in diesem Universum gibt, so erscheint es uns jetzt fast überheblich, dass wir daran je gezweifelt haben.
Wir sind klein. Für das Universum unbedeutend. Für uns auf der Erde bedeuten wir die Welt. Wir sind das Wichtigste, was uns in unserem Leben begegnen kann. Wir für uns. Füreinander. Und wenn ich mich auch wiederhole: für unsere Familien und Freunde. Noch nie in meinem Leben bin ich mir dessen so bewusst gewesen. Natürlich bedarf es dafür keiner Reise, aber das Gefühl für meine Familie und für meine Freunde ist noch nie so stark gewesen wie zu dieser Zeit. Warum? Weil wir oft über Euch reden. Weil wir so schöne Rückmeldungen von Euch bekommen. Wir uns jedes Mal freuen von zuhause zu hören. Weil uns von Herzen wichtig ist zu wissen, wie es allen ergeht.
Und wie wir so dastehen, vor Kälte die Hände aneinander klatschen, kommt es uns „hirnrissig“ vor wie sehr wir Dingen im Leben hinterher hecheln. Uns aufregen. Abarbeiten. Dem Alltag oder der Zukunftsangst erlegen sind. Hier wird uns nochmal ohne Worte erklärt, wie endlich alles Leben ist und wir verdammt nochmal nur in diesem einen Leben selbstbestimmt und ausgeglichen leben und genießen MÜSSEN. Keine Sorge ich werde nicht zur Esoterikerin mutieren und auch nicht in jedem Beitrag einen Weisheiten-Erkenntnis-Pegel hochschrauben. Aber manche Gedanken kommen, wenn man etwas mehr Zeit hat über die Dinge des Alltags nach zu denken.
Vielleicht sollten wir einfach immer weiterfahren? Die Kinder vom Leben lernen lassen? Günstiger als jetzt werden wir so eine Reise nicht mehr machen können. Eine Familie die wir getroffen haben, lebt nach dem Credo „Travelling is education, the rest is love“. Gefällt mir unglaublich gut der Spruch!
Manchmal platzt mir der Kopf weil sich Ideen, Bedenken und Gleichgültigkeit die Hand geben. Da jeder Tag eine andere Emotion/Faszination mitbringt und nicht die Beständigkeit des Alltags bietet, befinden wir uns auch was die Lebensplanung angeht, oft auf einer Achterbahn. In vielen Momenten wünschte ich mir meine Freunde hier. Zum Diskutieren, zum Zuhören, zum drüber nachdenken. Aber so sehr wir auch die eine oder andere Möglichkeit in Erwägung ziehen, so merken wir immer wieder wie sehr wir unsere Heimat lieben. Wie schön es ist gemeinsam an „Heimwehtagen“ die tollen Vorzüge von zuhause auf zu zählen. Wir sehr uns das Gefühl beseelt, das liebe Freunde auf uns warten. Und wenn wir auch nicht religiös im Sinne einer Kirchenzugehörigkeit sind, so ist mein Glaube an das Universum, was es gut mit uns meint stärker denn je.
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Manchmal wird mein Optimismus und mein Glaube jedoch sehr erschüttert und ich werde noch mehr darin bestärkt jeden Tag zu genießen, was mir natürlich nicht immer gelingt.
Eine liebe Freundin aus Köln ist kürzlich an Krebs gestorben. Sie war in unserem Alter. Wir haben sehr lange eng zusammengearbeitet und viele Stationen des Lebens voneinander miterlebt. Sie hinterlässt einen Sohn von 13 Jahren. Angefangen hat es letzten Sommer mit einer „harmlosen“ Brustkrebs-Diagnose. Geendet mit einer unheilbaren Krebsform nur ca. 6 Monate später. Ihre Mutter selbst nach erfolgreicher Chemo aus dem Krankenhaus entlassen, muss nun ihre eigenen Tochter zu Grabe tragen…
Das ist so eine Situation, die mich echt erschüttert. Unsere Gedanken sind bei Nicoles Sohn, ihren Eltern und Freunden. Nicht nur der Verlust ist kaum zu ertragen, auch der Schmerz der anderen lastet schwer. Trotzdem ist es schön zu wissen, dass eine Freundin von uns noch ein paar Stunden vorher bei ihr im Krankenhaus war. Und warum, weil sie bestärkt wurde nix auf zu schieben. Diese letzten Momente mit zu erleben ist hart. Es wird schwer sein dieses Bild aus dem Kopf zu kriegen, aber liebe Anke, liebe Inga, seid Euch sicher, es hat Nicole sehr viel bedeutet eure Freundschaft bis zum Ende zu spüren. Ein echter Freundschaftsbeweis.
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Auch wieder ein Teil unserer Reise. Die Gedanken und Nachrichten, die unsere Freunde betreffen. Neben meiner Familie der wichtigste Bestandteil meines Lebens. Teil des Leides und der Freude meiner Freunde zu sein. Und auch wenn es manchmal schwer ist das Leid zu teilen. Für mich gehört es zu einer richtigen Freundschaft dazu.
Am Ende des Lebens wird es einen schönen Teil meiner Erinnerungen ausmachen:
Teilhaber mancher Freundschaft gewesen zu sein!
Sucre haben wir nach 3wöchigem Aufenthalt mit wertvollen Erfahrungen verlassen:
Die Jungs durften nachmittags in einem kleinen Fußballclub in der Nähe der Werkstatt mit trainieren was zwischenzeitlich eher an „Schuhplattler-Training“ im tiefsten Bayern erinnerte.
Wir haben alle 1 Woche Spanischkurs belegt – Felix hat nun auch „symbolisch“ seinen ersten Schultag erlebt. Es war eine schöne Abwechslung zum Reisealltag und hat uns ein kleines Gefühl von Sesshaftigkeit gegeben. Ich persönlich habe besonders die Zeit „alleine“ mit meiner Lehrerin genossen, die mit mir viel über das Leben, die Bedeutung der Familie, Partnerschaften und Politik in Bolivien erzählt hat. Wir haben lecker „Papas relleneas“ auf der Strasse gegessen und abends im Kochkurs zubereiten gelernt.
Und weil wir ja noch Wartezeit zu überbrücken hatten, haben wir unserem Bigfoot einen schönen Dielenboden eingezimmert.
Unseren aus USA eingeflogenen Fahrzeugcomputer, der leider im 500km entfernten Santa Cruz im Zoll festgehalten wurde, musste ich persönlich mit Inlandsflug rausholen. Hat mich 2 Tage Nervenkampf mit den Zollbeamten und 1 Nacht in Santa Cruz City gekostet. Aber auch das hat, mit 1 Monat Abstand, gut geklappt.
Unser Auto, ich kann euch beruhigen, hat nach 2 weiteren kleineren, aber dafür Augen öffnenden Zwischenfällen, seine Bestform zurückerhalten. Nun wissen wir, dank 3 sehr versierten Mechanikern aus der chilenischen Wüste, was der leider nicht so versierte Mechaniker in Sucre vergessen hatte: sämtliche auseinander gerupften Steckverbindungen, zur Lokalisierung oder besser gesagt zur Überspielung seiner eigenen Fehler, wieder ordentlich zusammen zu stecken.
Gemeinsam können wir nun allen noch so weit von der Zivilisation entfernten Locations mit Gelassenheit entgegen fiebern: Stefan der nun ein Diplom in der Lokalisierung von Ford-Fehlermeldungen hat und ich, die einen fundierten spanisch Automechaniker-Wortschatz erlangt hat.
Unser Auto ist die Basis von allem: unser Fels in der Brandung, unser Zuhause, unser Kinosaal, unsere Küche, unser Spiel- Wohn- und Schlafzimmer. Wir haben zwar mehr Geld reingesteckt, als wir geplant hatten, aber dafür haben wir seinen Wert nun gut gesteigert. Er hat eine Power, die uns bis über 5.000 Meter problemlos hinaufbringt. Es gab bis jetzt keine zu steilen Hänge und keine zu rutschigen Abfahrten. Wir haben noch jede Spitzkehre gemeistert. Und nachdem wir viele andere tolle Expeditionsfahrzeuge gesehen haben, bleiben wir dabei: Wir haben genügend Platz und können gescheit Kochen. Alles in allem sind wir immer noch super zufrieden mit unserem Bigfoot.
Und damit das auch in Zukunft so bleibt, haben wir unserem Bigfoot zu Weihnachten eine schöne Segnung gegönnt:
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Der Tod kam, auch wenn ich ihn erwartet hatte, mit großer Wucht. Er hat mich gelähmt, zum Weinen gebracht, hat Erinnerungen an gute und nicht so gute Zeiten im Gepäck gehabt, mir Fragen gestellt und Antworten gegeben. Vor allem aber hat er mir wieder gezeigt wie endlich unser Leben ist und dass es nichts aufzuschieben gibt.
Ich wollte eigentlich über unseren Alltag in Bolivien schreiben. Unsere Zeit in Sucre. Bunte Bilder, fröhliche Gesichter, pralle Früchte und Gewusel auf den Märkten.
Da wir aber auf dieser Reise, wie in Deutschland auch, einen Alltag haben, der nicht immer nur rosig ist, möchte ich dieses für uns einschneidende Ereignis mit Euch teilen. Der Tod ist somit auch Teil unserer Reise. Unseres Alltags. Und er betrifft uns alle. Jeden etwas unterschiedlich. Meine Stiefmutter Waltraud, Stefans Schwiegermutter, Felix und Luis seine Oma ist gestorben. 2 Wochen ist es her. Und es hallt nach. Das wird es noch lange tun.
43 Jahre haben wir uns begleitet. Eine lange Zeit.
Sie ist an Krebs erkrankt und dank ihrer immer optimistischen Haltung hieß es lange: sag allen es wird gut. Im Sommer war dann klar, dass es keine Hoffnung mehr auf Heilung gibt. Unsere Verabschiedung vom letzten Familienfest vor unserer Abreise, sollte die letzte sein. Ein letzter bewusster Kontakt. Die letzte Möglichkeit, persönlich anwesend, etwas zu sagen. Wie macht man das „sich verabschieden“? Es gibt keine Antwort darauf, das muss jeder für sich entscheiden. Alles ist richtig: Ein Gespräch. Eine Umarmung. Ein Dankeschön. Schöne Worte für die letzte Reise. (Diesen Satz hat mein Bruder gesagt und ich finde ihn sehr zutreffend).
2 Tage vor ihrem Tod haben wir noch telefoniert. Ein letztes Mal uns angeschaut. „Ich habe ein erfülltes Leben gehabt“, hat sie gesagt. Für uns bleibt eine Lücke. Weil sie einfach nie wieder zurückkommt. Auch wenn wir darauf vorbereitet waren, auch wenn sie friedlich eingeschlafen ist. Mein Vater bei ihr sein konnte. Der Tod bleibt ein Mysterium. Ein irreversibles Ereignis.
Eine Erfahrung, die wir im Leben machen, die uns immer wieder zeigt: es gibt nichts auf zu schieben. Nicht das, was wir sagen wollen. Nicht die Umarmung, die wir uns nicht getraut haben zu geben. Nicht das Gespräch, welches wir schon lange führen wollen. Nicht die Reise oder den Ausflug, den wir schon lange machen wollen. Nicht die Entschuldigung, die schon längst überfällig ist. Nicht der Moment für mich, den ich so dringend brauche.
Mein einschneidenstes Erlebnis zum Thema Tod ist mir vor vielen Jahren widerfahren und erklärt noch besser, warum ich über diese Dinge schreibe. Während eines Aufenthaltes bei meinen Eltern in Krefeld, erzählte mir meine Stiefmutter, dass es der Mutter des besten Freundes meines Bruders nicht gut geht. Sie war an Krebs erkrankt und lag im Krankenhaus. Ein Impuls. Ein Bauchgefühl. „Frag sie doch mal, ob ich sie besuchen darf. Oder ist das komisch, weil ich sie jetzt schon so viele Jahre nicht mehr gesehen habe?“ Für sie war es nicht komisch. Sie war einverstanden.
Es war für mich Herz zerreißend. Kaum auszuhalten. Sie im Bett liegen zu sehen. Diese vorher im Leben so pralle, lustige Person, mit dem einnehmenden Lachen. Eine Frohnatur. So habe ich sie kennen gelernt. Nun war sie durch die Krankheit stark gezeichnet. Ihr Mann war bei ihr. Irgendwie habe ich mich unwohl gefühlt. Aber das war mein Problem. Sie hat gelächelt. Sie hat sich gefreut. Sie hat sich nicht unwohl gefühlt. Was gibt es da zu sagen? Nix, außer ihr auch mein Lächeln zu schenken. Kurz vor ihrer letzten Reise. Auf dem Weg nach draußen begegnete ich ihren 3 Kindern. Und soweit ich mich richtig erinnere, ist sie in dieser Nacht gestorben.
Es gab nichts auf zu schieben. Nur diesem Impuls zu folgen. Ohne Wenn und Aber. Manchmal müssen wir uns zurücknehmen. Das Leben aushalten. Und noch dieses eine Lächeln verschenken.
Es war der Abend bevor meine Omi gestorben ist. Der Abend vor unserer Abreise nach Paris. Lange geplant. Dann wie immer der Vorabend-Packstress! „Ich fahr doch nochmal zur Omi ins Krankenhaus nach Starnberg“. Wieder ein Bauchgefühl. Sie lag schon palliativ. Aber wir hatten schon so oft geglaubt, dass es vorbei sei und immer wieder hat sie sich berappelt. „Frau Winterstein, haben sie noch einen letzten Wunsch?“ Da hat’s mir schon die Kehle zugeschnürt. Was? Letzter Wille oder was? „Ein Bier bitte“ sagt meine Omi mit einem Fuß schon in den ewigen Jagdgründen. Unverbesserlich! Mit der Schnabeltasse hat sie noch ein paar Schlückchen Bier im Liegen getrunken. Und obwohl ich die Situation absurd fand, hatte ich das Gefühl, dass es jetzt an der Zeit wäre für die letzten Worte. Es war furchtbar schwer, sich für all die schönen Jahre zu bedanken. Ist das nicht auch absurd? Es sollte mir doch leichtfallen. Ist es auch, weil es ein Bedürfnis war, aber die Situation war nicht so wie ich sie mir vorgestellt hatte. Auf dem Nachbarbett saß eine Frau mittleren Alters, die sehr unsensibel laut in ihr Mobiltelefon schrie, dass sie morgen entlassen werden würde. Das war eigentlich absurd.
Aber gibt es im Leben nicht immer diese Situationen, die wir uns „eigentlich“ anders vorgestellt hatten? Umstände, die wir gerne als Vorwand dafür nehmen, warum wir jenes oder welches nicht gemacht haben. Manchmal werden wir es bereuen. Manchmal vielleicht nicht.
Menschen, die auf Palliativstationen arbeiten, erzählen oft davon wie klar, direkt und ehrlich die Menschen kurz vor ihrem Tod sind. Meine Schwägerin und die Mutter einer Schulfreundin erzählten mir davon. Hochachtung vor den Menschen, die diese Arbeit leisten. Sie berichteten auch davon, was manche bedauerten. Es hat mich unglaublich beeindruckt. Aber schade, dass es erst am Ende des Lebens ist, oder? Wäre es nicht schön, wenn wir uns schon zu Lebzeiten öfters trauen würden? Wenn wir die uns lieben Mensch teilhaben lassen an unserem Leben? Wenn wir darüber reden können, was uns auf dem Herzen liegt? Ohne Eingeschnappt sein und ohne Ressentiments?
Wir alle haben ein Bauchgefühl. Diesen Impuls. Die Möglichkeiten. Jeder wird sich an mindestens eine Situation aus dem Alltag erinnern. Wir wollten etwas tun. Waren dabei es auf zu schieben. Haben es dann doch gemacht. Wie gut ging es uns danach!
Und so hat uns diese Nachricht hier in Sucre in Bolivien per Facetime erreicht. Da ich mit meinen Eltern schon vor der Reise über diesen Moment gesprochen hatte, bin ich hier geblieben und nicht zur Einäscherung geflogen. Auch wenn es mir schwerfällt nicht dabei zu sein. Aber ich weiß meinen Vater in liebevoller Gesellschaft meiner Geschwister und unserer großen Familie. An dieser Stelle möchte ich einen Dank an meine Eltern aussprechen. Sie sind schon immer sehr offensiv mit dem Thema Tod umgegangen. Mir persönlich hat diese Auseinandersetzung sehr geholfen.
Ich kann verstehen, wenn viele nicht gerne über dieses Thema sprechen wollen. Aber der Tod ist nunmal Teil unseres Lebens. Er gehört zum Alltag. Je älter wir werden, desto mehr.
Und wie es im Leben manchmal so spielt, passieren die Dinge auf einmal. Und neben der Freude, gesellt sich das Leid, damit daraus wieder etwas Schönes entstehen kann.
Seit 3 Wochen sitzen wir in Sucre…fest! Das Auto macht keinen Piep mehr. Wir campen im hinteren Teil einer Auto/Motorrad-Werkstatt. Man könnte auch sagen „auf dem Schrottplatz“. Eigentlich stand nur eine harmlose Reparatur an. Danach und 3 Mechaniker weiter ging gar nichts mehr. Ob es nun Zufall war oder ein von ihnen verursachter Kurzschluss im Fahrzeugcomputer ist am Ende auch egal. Wir sitzen auf alle Fälle fest.
In der ersten Woche standen wir permanent auf Abruf. In Abwarte- und Hinhalte-Position. Bolivien-freundlich ausgedrückt.
In der zweiten Woche waren wir verzweifelt. In Schockstarre wegen der Nachricht vom Tod meiner Stiefmutter. Unpässlich zueinander. Leicht gereizt. Erst E.T. konnte uns an einem lauschigen Wochenendabend mit Popcorn aufmuntern.
Und dann ging es bergauf. Aber das erzähle ich im nächsten Bericht.
Wenn ich an den Ärger mit den Mechanikern denke und unsere Verzweiflung der vorletzten Woche, dann hab ich ein Lächeln auf dem Gesicht. Weil im Nachhinein alles leichter erscheint.
Wenn ich an meinen Vater denke, der trotz des großen Verlustes, seinen gute Laune nicht verliert und für uns immer noch ein Lachen auf dem Gesicht hat, dann schicke ich ihm auch ein Lächeln. Ein Lächeln für meine Stiefmutter. Ein Lächeln für meine Geschwister und den Rest der Familie, die heute gemeinsam Abschied nehmen. Ein Lächeln für all meine lieben Freunde, die mich in meinem Leben begleiten. Ein Lächeln für meine tollen Freundinnen. „Ihr Lieben, ich vermisse unsere Mädelszeiten sehr.“ Ein Lächeln für den Alltag, der mich manchmal wahnsinnig macht. Auch auf dieser Reise.
Und ein Lächeln, weil ich ihn gefunden habe. Den Moment für mich.
Grenzübergang nach Bolivien bei 40 Grad im Schatten. Situationen die so oder ähnlich im Akkord ablaufen:
Bolivianische Männer und Frauen mit kleinen Kindern im Arm.
Unscheinbare Tüten oder nur einen kleinen Rucksack auf dem Rücken tragend.
Sauber und sehr ordentlich angezogen, von der Erscheinung her eher indigen.
Sie stehen geduldig in der Schlange, um nach Brasilien einreisen zu können.
„Was willst Du in Brasilien?“ fragt der brasilianische Immigrationsbeamte
„Meine Verwandten besuchen!“ – der Dialekt ist kaum zu überhören.
„Was ist dein Beruf?“
„Student.“
„Zeig mir Deinen Studentenausweis?“
„Den habe ich grad nicht dabei“.
Der Immigrationsbeamte schmunzelt den jungen Mann durch das Panzerglas an.
„Und wie lange willst du bleiben?“ fragt er ihn, schaut dabei aber seinen Kollegen an.
„10 Tage“
„Und Wieviel Geld hast du dafür dabei?“
„….Keines….“
„Tritt zur Seite“ antwortet der Beamte mit einem genervten Blick.
„Nächster Bitte“ !
„Was willst DU in Brasilien?“, fragt der Beamte nun den nächsten Bolivianer.
„Meine Verwandten besuchen!“ erwidert dieser mit viel zu leiser und sehr schüchterner Stimme.
„Was ist denn DEIN Beruf?“
…nicht zu verstehendes Genuschel…
Der Beamte ignoriert die Antwort, weil er sie eh zu kennen scheint.
„Wie lange willst du bleiben“?
„1 Monat“
„Und Wieviel Geld hast du dafür dabei?“
„Keines“
„Dann tritt zur Seite“
„Nächster Bitte“!
Es ist nicht einfach nach zu vollziehen, was in diesen Menschen nach solch einer Abweisung vorgehen muss. Es bewegt mich die verzweifelten Gesichter zu sehen und ein weiteres Mal bin ich dankbar dafür, dass ich Spanisch spreche, um ein bisschen zu verstehen. Ob es richtig oder falsch ist, kann ich natürlich nicht beurteilen, dafür kenne ich die Hintergründe nicht und weiß nicht welche Auflagen der Beamte zu erfüllen hat. Bestimmt auch kein einfacher Job. Natürlich ist es wieder nur ein europäischer Blick von draußen auf eine Situation. Aber mein Gefühl und die enttäuschten Blicke der Menschen sagen mir, dass sie hier und jetzt keine eigene und freie Entscheidung treffen können. Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals von irgendeiner Grenze abgewiesen worden zu sein…
Es ist uns ein Anliegen den Kindern solche Situationen zu erklären. Nicht einfach. Die Gesellschaft, die Politik und die Wirtschaft der Länder sind komplex. Wir haben eine Sicht von außen und verweilen zu kurz, um mehr Einsicht zu bekommen. Ich bezweifle, dass man als Ausländer jemals verstehen wird. Wir lesen zwar viel über das jeweilige Land, das wir berreisen, dennoch sind wir durch unser Demokratie-Verständnis geprägt.
Was ist der bolivianische Präsident Evo Morales für ein Mensch? Unser Bild setzt sich zusammen aus dem was wir beobachten, was wir hören und lesen. Seine Herkunft, sein Werdegang, seine Anfänge als Präsident, seine Projekte – wir hören unterschiedliche Meinungen. Wie immer hängt es davon ab, wie sehr man von politischen Marschrichtungen und Entscheidungen betroffen ist, ob man in der Stadt oder auf dem Land wohnt und von einigen anderen Faktoren.
Ich bin überrascht wie sehr Luis an solchen Themen interessiert ist. Die langen Fahrten im Auto nutzen er und Felix, um Stefan nach allen möglichen Themen aus zu fragen. Kriege, Staatsformen und Naturkatastrophen stehen ganz oben in der Beliebtheitsskala.
Ich sitze hinten, lausche und denke mir oft: „Wenn mir in der Schule das mal jemand so erklärt hätte“. Stefan überrascht mich immer wieder mit seinem Wissen.
Aguas Calientes – Lufttemperatur 35 Grad, Wassertemperatur 38 Grad – Ein See so warm wie eine Badewanne
Bolivien macht uns richtig Spaß und bietet genau das was wir gerne mögen.
In jedem kleineren Ort gibt es einen Mercado Campesino wo wir von Bauern das heimische Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte und Eier kaufen. Nach den Hyper-, Super-, Mega- und Maxi-Supermärkten im Süden Brasilliens eine große Bereicherung und für mich ein Genuss, von dem ich nicht genug bekommen kann.
Wir sind vor unserer Einreise nach Bolivien immer wieder (und gerne ungefragt) über die zurückhaltende, zum Teil anscheinend unfreundliche und „gefährlichen“ Art der Bolivianos „aufgeklärt“ worden. Unsere Erfahrung deckt sich ganz und gar nicht damit. Wir werden sehr freundlich empfangen, natürlich mit mehr Zurückhaltung als in Brasilien. Auch die Polizeikontrollen, bis jetzt waren es nur zwei halbherzige, waren uns wohl gesonnen. Weiter hoch in den Anden, in touristisch stärker frequentierten Teilen des Landes oder in weiter abseits gelegenen Orten kann sich das natürlich noch ändern. Aber wie immer halten wir uns an das Sprichwort „So wie man in den Wald hinein ruft…“.
Wir frühstücken hin- und wieder an kleinen Straßenständen, essen Hühnersuppe, trinken Alfalfa- oder Chiawasser, gönnen uns kleine Maissnacks, essen vollwertigeres Brot und freuen uns über frischen Spinat, Bohnen und Salat. Natürlich gibt es nicht alles in jeder Gegend. Wir passen unseren Speiseplan wieder an die Gegend an.
Auf unserem Weg nach Sucre, einer der zwei Hauptstädten Bolivien, durchqueren wir mehrere Klimazonen und erreichen zügig eine Höhe von 3.000 Metern. Wir entscheiden uns gegen die gängige Jesuitenroute und wandeln lieber auf den Spuren von Che Guevara abseits der Hauptroute. Mit unseren vier neuen Goodrich Reifen fühlen wir uns sicher genug 1 Woche durch die Berge über holprige Pisten und schwindelerregende Wege zu fahren. Wir danken unserem Bigfoot jeden Tag. Ein Traum für jeden Offroad Liebhaber. Die 3 Jungs in der ersten Reihe sind begeistert.
Samaipata, Wasserfälle – ein erfrischender kleiner Traumplatz
In La Higuera , dem Ort in dem Che sich versteckt hielt, verraten und nicht weit davon erschossen wurde, bleiben wir nur eine Nacht. Die Häuser der „Telefonista“ sind wirklich mit viel Liebe zum Detail von einem französischen Paar wiederhergestellt worden. Es gibt tolle s/w-Bilder zu sehen. Wir können nur erahnen was für ein wahnsinniger Kraftakt die Restaurierung, in diesen Bergen war – wirklich fern ab von jeglicher Zivilisation. Die Besitzer sind sehr nett und ihr 7jähriger Sohn freundet sich schnell mit Felix an. Dennoch liegt uns zu viel Imperialismus, Kommunismus und Anti-Globalisierungsgedöns in der Luft. Ja, wir sind auch für Vieles und gegen Anderes, aber die nette Unterhaltung mit dem Besitzer zeigt schnell, dass unsere Meinungen darüber weit auseinanderdriften. Es war auf alle Fälle die Mühe der Strecke wert. Geschichte live erlebt, bleibt den Kindern allemal besser in Erinnerung.
Das Thema „Tanken“ ist in „Overlander-Kreisen“ beliebt. Ihr müsst wissen, dass in Bolivien der Treibstoff für Einheimische subventioniert ist und ca. 3,74 Bolivianos kostet – ca. 50 Cent. Ausländer zahlen, vom Staat verordnet, mehr als das Doppelte. Offiziell 8,80 Bolivianos – über 1 Euro. Da kann man sich jetzt drüber aufregen oder sich für die Einheimischen freuen oder jemanden vor der Tanke ansprechen, der einem dann für den lokalen Preis 25 Liter im Kanister besorgt.
Wer wo und wann für wieviel Bolivianos und welche Mengen an Diesel kaufen konnte, hat sich zu einem Overlander-Volkssport etabliert. Diejenigen, die mit dem Superlativ Typ „LKW“ unterwegs sind, wissen zu schätzen, dass man außerhalb der Städte problemlos auch ohne Kanistertheater für den lokalen Preis tanken kann. Wir haben bis jetzt nur gute Erfahrungen gemacht und uns über die folgende kleine Anekdote gefreut:
An manchen Tankstellen, wird ein Ausweis verlangt, um die ID auf der Rechnung zu vermerken. Da wir aus diversen Gründen gewöhnlich nur unseren Führerschein zeigen, trägt der nette Tankwart keine Nummer sondern folgenden neuen Namen für Stefan ein:
Und weil es so viel Spaß macht: der finale BF Goodrich Reifen Wechsel hinter der brasiliniasch-bolivianischen Grenze!
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