Grenzübergang nach Bolivien bei 40 Grad im Schatten. Situationen die so oder ähnlich im Akkord ablaufen:
Bolivianische Männer und Frauen mit kleinen Kindern im Arm.
Unscheinbare Tüten oder nur einen kleinen Rucksack auf dem Rücken tragend.
Sauber und sehr ordentlich angezogen, von der Erscheinung her eher indigen.
Sie stehen geduldig in der Schlange, um nach Brasilien einreisen zu können.

„Was willst Du in Brasilien?“ fragt der brasilianische Immigrationsbeamte
„Meine Verwandten besuchen!“ – der Dialekt ist kaum zu überhören.
„Was ist dein Beruf?“
„Student.“
„Zeig mir Deinen Studentenausweis?“
„Den habe ich grad nicht dabei“.
Der Immigrationsbeamte schmunzelt den jungen Mann durch das Panzerglas an.
„Und wie lange willst du bleiben?“ fragt er ihn, schaut dabei aber seinen Kollegen an.
„10 Tage“
„Und Wieviel Geld hast du dafür dabei?“
„….Keines….“
„Tritt zur Seite“ antwortet der Beamte mit einem genervten Blick.

„Nächster Bitte“ !

„Was willst DU in Brasilien?“, fragt der Beamte nun den nächsten Bolivianer.
„Meine Verwandten besuchen!“ erwidert dieser mit viel zu leiser und sehr schüchterner Stimme.
„Was ist denn DEIN Beruf?“
…nicht zu verstehendes Genuschel…
Der Beamte ignoriert die Antwort, weil er sie eh zu kennen scheint.
„Wie lange willst du bleiben“?
„1 Monat“
„Und Wieviel Geld hast du dafür dabei?“
„Keines“
„Dann tritt zur Seite“

„Nächster Bitte“!

Es ist nicht einfach nach zu vollziehen, was in diesen Menschen nach solch einer Abweisung vorgehen muss. Es bewegt mich die verzweifelten Gesichter zu sehen und ein weiteres Mal bin ich dankbar dafür, dass ich Spanisch spreche, um ein bisschen zu verstehen. Ob es richtig oder falsch ist, kann ich natürlich nicht beurteilen, dafür kenne ich die Hintergründe nicht und weiß nicht welche Auflagen der Beamte zu erfüllen hat. Bestimmt auch kein einfacher Job. Natürlich ist es wieder nur ein europäischer Blick von draußen auf eine Situation. Aber mein Gefühl und die enttäuschten Blicke der Menschen sagen mir, dass sie hier und jetzt keine eigene und freie Entscheidung treffen können. Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals von irgendeiner Grenze abgewiesen worden zu sein…

Es ist uns ein Anliegen den Kindern solche Situationen zu erklären. Nicht einfach. Die Gesellschaft, die Politik und die Wirtschaft der Länder sind komplex. Wir haben eine Sicht von außen und verweilen zu kurz, um mehr Einsicht zu bekommen. Ich bezweifle, dass man als Ausländer jemals verstehen wird. Wir lesen zwar viel über das jeweilige Land, das wir berreisen, dennoch sind wir durch unser Demokratie-Verständnis geprägt.

Was ist der bolivianische Präsident Evo Morales für ein Mensch? Unser Bild setzt sich zusammen aus dem was wir beobachten, was wir hören und lesen. Seine Herkunft, sein Werdegang, seine Anfänge als Präsident, seine Projekte – wir hören unterschiedliche Meinungen. Wie immer hängt es davon ab, wie sehr man von politischen Marschrichtungen und Entscheidungen betroffen ist, ob man in der Stadt oder auf dem Land wohnt  und von einigen anderen Faktoren.

Ich bin überrascht wie sehr Luis an solchen Themen interessiert ist. Die langen Fahrten im Auto nutzen er und Felix, um Stefan nach allen möglichen Themen aus zu fragen. Kriege, Staatsformen und Naturkatastrophen stehen ganz oben in der Beliebtheitsskala.

Ich sitze hinten, lausche und denke mir oft: „Wenn mir in der Schule das mal jemand so erklärt hätte“. Stefan überrascht mich immer wieder mit seinem Wissen.

 

 

Aguas Calientes  – Lufttemperatur 35 Grad, Wassertemperatur 38 Grad – Ein See so warm wie eine Badewanne

 

Bolivien macht uns richtig Spaß und bietet genau das was wir gerne mögen.

In jedem kleineren Ort gibt es einen Mercado Campesino wo wir von Bauern das heimische Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte und Eier kaufen. Nach den Hyper-, Super-, Mega- und Maxi-Supermärkten im Süden Brasilliens eine große Bereicherung und für mich ein Genuss, von dem ich nicht genug bekommen kann.

Wir sind vor unserer Einreise nach Bolivien immer wieder (und gerne ungefragt) über die zurückhaltende, zum Teil anscheinend unfreundliche und „gefährlichen“ Art der Bolivianos „aufgeklärt“ worden. Unsere Erfahrung deckt sich ganz und gar nicht damit. Wir werden sehr freundlich empfangen, natürlich mit mehr Zurückhaltung als in Brasilien. Auch die Polizeikontrollen, bis jetzt waren es nur zwei halbherzige, waren uns wohl gesonnen. Weiter hoch in den Anden, in touristisch stärker frequentierten Teilen des Landes oder in weiter abseits gelegenen Orten kann sich das natürlich noch ändern. Aber wie immer halten wir uns an das Sprichwort „So wie man in den Wald hinein ruft…“.

Wir frühstücken hin- und wieder an kleinen Straßenständen, essen Hühnersuppe, trinken Alfalfa- oder Chiawasser, gönnen uns kleine Maissnacks, essen vollwertigeres Brot und freuen uns über frischen Spinat, Bohnen und Salat. Natürlich gibt es nicht alles in jeder Gegend. Wir passen unseren Speiseplan wieder an die Gegend an.

Auf unserem Weg nach Sucre, einer der zwei Hauptstädten Bolivien, durchqueren wir mehrere Klimazonen und erreichen zügig eine Höhe von 3.000 Metern. Wir entscheiden uns gegen die gängige Jesuitenroute und wandeln lieber auf den Spuren von Che Guevara abseits der Hauptroute. Mit unseren vier neuen Goodrich Reifen fühlen wir uns sicher genug 1 Woche durch die Berge über holprige Pisten und schwindelerregende Wege zu fahren. Wir danken unserem Bigfoot jeden Tag. Ein Traum für jeden Offroad Liebhaber. Die 3 Jungs in der ersten Reihe sind begeistert.

Samaipata, Wasserfälle – ein erfrischender kleiner Traumplatz

In La Higuera , dem Ort in dem Che sich versteckt hielt, verraten und nicht weit davon erschossen wurde, bleiben wir nur eine Nacht. Die Häuser der „Telefonista“ sind wirklich mit viel Liebe zum Detail von einem französischen Paar wiederhergestellt worden. Es gibt tolle s/w-Bilder zu sehen. Wir können nur erahnen was für ein wahnsinniger Kraftakt die Restaurierung, in diesen Bergen war – wirklich fern ab von jeglicher Zivilisation. Die Besitzer sind sehr nett und ihr 7jähriger Sohn freundet sich schnell mit Felix an. Dennoch liegt uns zu viel Imperialismus, Kommunismus und Anti-Globalisierungsgedöns in der Luft. Ja, wir sind auch für Vieles und gegen Anderes, aber die nette Unterhaltung mit dem Besitzer zeigt schnell, dass unsere Meinungen darüber weit auseinanderdriften. Es war auf alle Fälle die Mühe der Strecke wert. Geschichte live erlebt, bleibt den Kindern allemal besser in Erinnerung.

Das Thema „Tanken“ ist in „Overlander-Kreisen“ beliebt. Ihr müsst wissen, dass in Bolivien der Treibstoff für Einheimische subventioniert ist und ca. 3,74 Bolivianos kostet – ca. 50 Cent. Ausländer zahlen, vom Staat verordnet, mehr als das Doppelte. Offiziell 8,80 Bolivianos – über 1 Euro. Da kann man sich jetzt drüber aufregen oder sich für die Einheimischen freuen oder jemanden vor der Tanke ansprechen, der einem dann für den lokalen Preis 25 Liter im Kanister besorgt.

Wer wo und wann für wieviel Bolivianos und welche Mengen an Diesel kaufen konnte, hat sich zu einem Overlander-Volkssport etabliert. Diejenigen, die mit dem Superlativ Typ „LKW“ unterwegs sind, wissen zu schätzen, dass man außerhalb der Städte problemlos auch ohne Kanistertheater für den lokalen Preis tanken kann. Wir haben bis jetzt nur gute Erfahrungen gemacht und uns über die folgende kleine Anekdote gefreut:

An manchen Tankstellen, wird ein Ausweis verlangt, um die ID auf der Rechnung zu vermerken. Da wir aus diversen Gründen gewöhnlich nur unseren Führerschein zeigen, trägt der nette Tankwart keine Nummer sondern folgenden neuen Namen für Stefan ein:

Und weil es so viel Spaß macht: der finale BF Goodrich Reifen Wechsel hinter der brasiliniasch-bolivianischen Grenze!

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