Wenn auf der einen Seite eine Tür zugeht, dann geht woanders wieder eine auf.
… Natürlich haben wir Ponchos Cousine in Punta Arenas besucht…
Sie und und ihr Mann Jorge erzählten uns von ihrer Tochter Josephina, die grad geheiratet hatte und deren Mann John, ein Farmer aus Feuerland, sich unglücklicherweise kurz vor der Hochzeit durch einen Reitunfall mehrere Rückenwirbel gebrochen hatte. Johns Vater verstarb dazu auch noch kurz vor der Hochzeit. Ihre Hochzeitsreise nach Europa mussten sie absagen.
Ihre Tochter Josephina war nun zeitweise Chefin von 3 großen Schaffarmen mit tausenden von Tieren, 5 Arbeitern und jeder Menge Arbeit in Feuerland, da John zur Reha in Punta Arenas bleiben musste. Die Farmen liegen mehrere Stunden entfernt vom Festland. Wir haben nicht lange überlegt und unsere Hilfe angeboten. Und es für keine Sekunde bereut.
Aber wir hatten auch keine Ahnung was uns dort erwartet.
Um die Dimensionen der Farmen etwas besser zu verdeutlichen: 1 Schaf braucht 1 Hektar Grund zum Leben. Hat man 12.000 Schafe wie John & Jose, braucht man dementsprechende Mengen Hektar. Wenn im Winter das Gras schlechter wird, benötigt man eine zweite Farm in einer anderen Gegend, wo das Gras noch saftiger ist.
Um die Schafe dorthin zu treiben braucht man pro Schaftrieb mind. 3 Arbeiter, 11 Hunde, 2 Tage und Nerven. Und Logistik, um die Arbeiter in ihrer Wellblechhütte, in der sie bei lausigem Wetter übernachten, zu verpflegen: Holz fürs Feuer, Axt, Frischwasser, Kessel zum kochen, Fleisch, Mate, Matratzen, Schlafsäcke, Regenzeug, Futter für die Hunde…. ich möchte mir nicht vorstellen wie das früher funktioniert hat. So gibt es zu jedem „areo“ (Schaftrieb) auch ein Begleit-Pick-up, der vor allem die heuanrauschenden LKW´s stoppt. Rechts und links ist nicht umsonst ein 50-100 Meter breiter Streifen neben der Strasse. Was die Arbeiter da mit ihren Hunden an „Choreografie“ veranstalten ist wirklich beeindruckend. Durch Pfiffe und Rufe angeleitet treiben sie die Herde mit Ruhe durch die Morgenstunden.
Unsere Helden: Maximilian, Ivan und Julio leben bereits seit 20-30 Jahren auf der Farm. Sie haben John schon als Baby erlebt. Sie bilden die unabdingliche Grundlage für das Funktionieren der Farm. Sie wissen, welche Arbeiten wann erledigt werden müssen. Stehen bei jeder Wetterlage parat. Loyale Partner, die mit wenigen Worten, aber mit viel Stolz dieses Leben meistern. Mervin ist ein Springer, ursprünglich aus Futualefu, der nur temporär auf die Farm kommt. Ihre Charakteren haben uns inspiriert.
Der Tag der Arbeiter beginnt morgens um 8 Uhr. Kleiner Mate Tee und raus zur Arbeit.
10 Uhr Frühstück: Sopapilla (frittierter Brotteig) mit Cafe/Tee.
Weiter Arbeiten. 12 Uhr Mittagessen. Weiter Arbeiten. 16 Uhr Nachmittagssnack. Weiter Arbeiten. 19 Uhr Abendessen.
Um die Arbeiter jeden Tag zu ernähren wird alle 3-4 Tage ein Schaf geschlachtet.
Wobei bei dem Wort „Schaf“ folgende Unterteilung wichtig ist: Oveja, Carnero, Cordero – Wollschaf, Fleischschaf, Lamm (Jungschaf). Wobei das Lamm nicht das kleine weiße Babylamm ist, dass wir in unserer Vorstellung hatten, sondern ein fast ausgewachsenes Schaf, nur noch jünger.
Der Vater von John hat schon früh eine sehr feine Merinoart gezüchtet, was ihm einen über die Insel hinaus guten Ruf beschert hat. Der Unterschied, wenn man ihn kennt ist nach einigen Tagen, auch für uns erkennbar. Andere Farmen züchten u.a. das „Multipurpose“-Schaf, dass sowohl für Fleisch als auch für Wolle gehalten wird.
Um die Schafe komplett zu scheren braucht man professionelle Scherer, die von Farm zu Farm ziehen und im Akkord hunderte von Schafe am Tag scheren. Ein Kraftakt für den Rücken. Im Herbst werden den Schafen dann nur noch Kopf, Po oder Sack geschoren. „Hält die Eiszapfen davon ab in die Augen zu hängen und erleichtert dem Bock und dem weiblichen Schaf unkompliziert sich zu decken“…. Wie soll man sich auch sonst bei all der Wolle zurecht finden….
Zu diesen Scher-Stoßzeiten leben bis zu 25 Arbeiter auf der Farm und es werden ca. 2 Schafe am Tag geschlachtet.
Die ersten Tage haben wir alleine auf der Farm mit den Arbeitern verbracht und so einer Schlachtung beigewohnt.
Bis zu diesem Zeitpunkt leben die Schafe recht unbescholten auf den Weiden. Mithilfe der Hunde werden sie zusammen getrieben, ein Schaf wird ausgesucht und mit Hilfe des Pick-up zur Farm gebracht. Dort wird es per Hand von den Arbeitern getötet.
Nicht einfach zu sehen, obwohl alles sehr ruhig abgelaufen ist. Die Ruhe der Arbeiter, ihre Stimmen, die die Schafe seit langer Zeit kennen, gibt Vertrauen. Und dennoch… Wir wussten, dass wir vegetarisch bei diesem Aufenthalt nicht weit kommen werden und hatten uns gemeinsam entschlossen das Leben auf der Farm so anzunehmen wie es ist. Auch ihre Art der Ernährung. Gesünder und glücklicher kann ein Schaf nicht leben. So weit wir das beurteilen können.
Sowohl für uns, als auch für die Kinder war es wichtig bei diesem Akt dabei zu sein. Es life zu erleben. Luis und Felix haben selbst entschieden wieviel sie davon sehen wollen und haben aus den Augenwinkeln ein bisschen rübergespickt. Felix hat danach geweint. Ich habe sehr schlucken müssen.
Trotzdem. Wir sind hier Gast und meiner Meinung nach, steht es uns nicht zu, als „Ponyhof-Touristen“ her zu kommen und das Leben der Anderen zu kritisieren. Das war mir wichtig. Respektvoll zu sein und zu bleiben. Sowohl dem Leben der Menschen als auch dem der Tiere gegenüber.
Wir haben das Schaf gegessen. Es hat gut geschmeckt. Unsere Meinung zum Fleischkonsum in unserem weiteren Leben hat es jedoch nicht verändert.
Um sich die Größe dieser Farmen besser vorstellen zu können, kann man die Fläche von München als Vergleich dazu nehmen. Halb so groß wie München ist dieser Privatbesitz von John & Jose.
Abgesehen von den Weideflächen braucht man Flächen, um Alfalfa anzubauen, dass dann in Form von Heuballen die Überwinterung erleichtert. Hinzu kommen noch Flächen für Hirsche und Kühe.
Um die Flächen vom Nachbarn abzugrenzen, muss alles umzäunt werden. Diese Zäune müssen abgeritten und in Stand gehalten werden. Wenn man Pech hat, dann wohnen ganz viele Biber in der Nähe und raspeln die Holzpflöcke der Zäune ab. Sie wissen ja nicht, dass sie die Pflöcke danach nicht als Baumaterial verwenden können, weil sie mit dem Draht verbunden sind. Umsonst abgenagt! Aber für John & Jose kostet die Erneuerung sehr viel Geld & Manpower.
Hatte ich schon die Wildpferde erwähnt? Sie leben ebenfalls auf ihrem Terrain. Neben ca. 30 Hütehunden, gibt es noch 10 Katzen, 2 Welpen, 30 domestizierte Pferde, Enten, Hühner…..
Was konnten wir nun zum Leben auf der Farm beitragen?
Alles was grad angefallen ist und jeder wie er grad konnte: wir haben gekocht und Wäsche gewaschen, Lampen angebracht, ein Schuhregal gebaut, die Stromversorgung durch Solarpanel und Windrad wiederhergestellt. Wir haben die Welpen und die Katzen gefüttert, den Pferden Heu gebracht, Kruschtelecken aufgeräumt und Holz gehackt.
Für Luis und mich war der Schaftrieb beeindruckend. Wir sind einmal um 6 Uhr und einmal um 4 Uhr morgens aufgestanden und haben entweder laufend oder das Begleitfahrzeug fahrend die Herde begleitet. Das rufen der Arbeiter in der Dunkelheit, ihr Pfeifen, Rasseln und das Bellen der Hunde wird uns noch lange in Erinnerung bleiben.
Wir haben beim Scheren zugeschaut, Vitamine gespritzt und das Fell der Schafe markiert.
Mittagessen auf der Farm Maria Gloria.
Ein Highlight für mich war dem Pferdeflüsterer über die Schulter zu schauen, ein paar Tricks zu hören, wie man ein wildes Pferd sanft domestiziert und mit den Arbeitern zusammen per Pferd die Schafe zusammen zu treiben.
Bei all dieser Arbeit, wo Pferde und Schafe zu Arbeitsgeräten werden, war es gut zu sehen, dass es auch hier respektvollen Umgang gibt.
Das Jose Tierärztin ist, kommt der Farm auf alle Fälle zu Gute.
Wir haben gestaunt, gelernt, gefilmt, fotografiert…… Es hat uns irre viel Spaß gemacht so ein anderes Leben kennen zu lernen. Die Arbeiter haben uns nachhaltig beeindruckt. Wir haben ihnen aus Dank ein Geschenk für Ihr Esszimmer gemacht. Bilder, die ihre Würde, ihren Charakter und das nicht einfache Leben in ihren Gesichtern widerspiegeln. Im Mittleren Segment des Fensters gibt es auch Bilder von Antonio, dem neuen Koch. Und Ramon, der 2 Tage vor unserer Abfahrt aus dem Urlaub zurück kam. Er ist, so behauptet er, ca. 80 Jahre. Er könnte aber auch gut 90 Jahre sein. Seinen Pass hat er erst als junger Bub erhalten. Er hat mit seinem Bruder fast alle Zäune der Farm gebaut. Was für eine Wahnsinns Leistung. Er wird wahrscheinlich nicht mehr lange auf der Farm bleiben können. Es wird ihm schwer fallen.
Es gäbe noch so viel über diese Zeit zu erzählen, soviel Details und Momente, dass ich gar nicht wüsste sie alle in Worte zu fassen.
Zum Beispiel, wie sehr Luis und Felix der Aufenthalt gefallen und gut getan hat.
Wenn ich an all die Freundschaften denke, die sie geschlossen haben…
Diese zwei Welpen tragen jetzt einen Namen: Luis und Felix! Was für eine Ehre!
Neben der Hauptfarm „Tres Hermanos“ und den Estancias „Copihue“ und „Maria Gloria“ haben John & Jose weiter im Süden dann noch eine Art Nationalpark…. ich erspar mir jetzt die Beschreibung, weil es einfach unfassbar groß, weit, ruhig, unberührt und wild ist….
Wir danken Jose & John und ihren Eltern, Paula & Jorge, dass sie uns in ihre Familie mit offenen Armen aufgenommen haben. Wir werden das Leben und die Projekte von ihnen aus der Ferne weiter begleiten und uns hoffentlich irgendwann wieder sehen.
Nachdem sich der Rücken von John durch die Reha in Punta Arenas wesentlich verbessern konnte, sind die beiden nun auf ihrer wohl verdienten Hochzeitreise in Peru.
Privatmuseum von Joses Freunden in Punta Arenas
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Luis am Steuer. Die Zehenspitzen berühren knapp das Gaspedal. Ein Grinsen von links nach rechts. Ein Jungentraum wird wahr und das auf dem größten Salzsee der Welt. Wenn diese Autofahrt unendlich sein könnte, Luis und Felix würden die Option wählen.
Ich bin mit 3 Männern unterwegs (die zwei kleinen benehmen sich oft schon wie zwei große Alphatierchen…) und so gestalten wir unsere Aktivitäten im Verhältnis 3:1, wenn man die Themenschwerpunkte betrachtet! Es ist ein Heidenspaß, sie so glücklich zu sehen und ich bin froh an vielen Stellen die Verantwortung abzugeben und einfach nur dabei sein zu können. Die Oberverantwortung tragen Stefan und ich eh zusammen, müssen immer für vier denken und wachsam sein, so ist es schön, wenn wir (wie auch zuhause) unsere „Einzelverantwortungen“ haben.
Nach wie vor ist Stefan Highländer über Fahrzeug, Technik und digital Support und ich für körperlich-seelische Belange, Ernährung und Kommunikation (lokal und global). Luis und Felix sind für Disco, Wissenserweiterung und Unterhaltung zuständig. Gerne fuschelt der eine dem anderen in den Verantwortungsbereich, da wir manchmal zu eng beieinander sind, aber im Großen und Ganzen behält jeder seinen Herrschaftsbereich.
An der unberührtesten Stelle vom Salzsee kratzen wir Kristalle von der Rückseite der Schollen und füllen unseren Vorrat auf. Fleur de Sal de Uyuni im roten Jutebeutel! Die Sonne scheint stark. Das weiß reflektiert brutal und nur schemenhaft sind entfernt Inseln oder Berge zu erkennen. Hätten wir kein GPS, wir würden der Fata Morgana auf den Leim gehen. Spuren sind zu erkennen. Aber: traue keiner Spur, deren Verursacher du nicht gesehen hast.
Die Nacht kommt und eröffnet uns ein weiteres Spektakel: Ein Meer aus Sternen und Kometen. Fern ab von jeglichem Lichtsmog. Stefan hat schon lange sein Equipment in Stellung gebracht. Mit der Dunkelheit kommen die Kälte und der Wind. Eingepackt mit Mütze und Handschuhe stehen wir wie berauscht und starren nach oben. Wir fühlen uns wie Ameisen. Und unweigerlich wird uns klar was „in Relation zu“ wirklich bedeuten kann. Zu der Unendlichkeit über uns, gesellt sich eine unfassbare Stille um uns. Kein Rauschen, kein Knacken. Ein Einfaches „Nichts“! Wir sind nur ein Teil des großen Ganzen. Und wenn wir uns bis jetzt schon oft darüber Gedanken gemacht haben, ob es überhaupt Leben irgend woanders in diesem Universum gibt, so erscheint es uns jetzt fast überheblich, dass wir daran je gezweifelt haben.
Wir sind klein. Für das Universum unbedeutend. Für uns auf der Erde bedeuten wir die Welt. Wir sind das Wichtigste, was uns in unserem Leben begegnen kann. Wir für uns. Füreinander. Und wenn ich mich auch wiederhole: für unsere Familien und Freunde. Noch nie in meinem Leben bin ich mir dessen so bewusst gewesen. Natürlich bedarf es dafür keiner Reise, aber das Gefühl für meine Familie und für meine Freunde ist noch nie so stark gewesen wie zu dieser Zeit. Warum? Weil wir oft über Euch reden. Weil wir so schöne Rückmeldungen von Euch bekommen. Wir uns jedes Mal freuen von zuhause zu hören. Weil uns von Herzen wichtig ist zu wissen, wie es allen ergeht.
Und wie wir so dastehen, vor Kälte die Hände aneinander klatschen, kommt es uns „hirnrissig“ vor wie sehr wir Dingen im Leben hinterher hecheln. Uns aufregen. Abarbeiten. Dem Alltag oder der Zukunftsangst erlegen sind. Hier wird uns nochmal ohne Worte erklärt, wie endlich alles Leben ist und wir verdammt nochmal nur in diesem einen Leben selbstbestimmt und ausgeglichen leben und genießen MÜSSEN. Keine Sorge ich werde nicht zur Esoterikerin mutieren und auch nicht in jedem Beitrag einen Weisheiten-Erkenntnis-Pegel hochschrauben. Aber manche Gedanken kommen, wenn man etwas mehr Zeit hat über die Dinge des Alltags nach zu denken.
Vielleicht sollten wir einfach immer weiterfahren? Die Kinder vom Leben lernen lassen? Günstiger als jetzt werden wir so eine Reise nicht mehr machen können. Eine Familie die wir getroffen haben, lebt nach dem Credo „Travelling is education, the rest is love“. Gefällt mir unglaublich gut der Spruch!
Manchmal platzt mir der Kopf weil sich Ideen, Bedenken und Gleichgültigkeit die Hand geben. Da jeder Tag eine andere Emotion/Faszination mitbringt und nicht die Beständigkeit des Alltags bietet, befinden wir uns auch was die Lebensplanung angeht, oft auf einer Achterbahn. In vielen Momenten wünschte ich mir meine Freunde hier. Zum Diskutieren, zum Zuhören, zum drüber nachdenken. Aber so sehr wir auch die eine oder andere Möglichkeit in Erwägung ziehen, so merken wir immer wieder wie sehr wir unsere Heimat lieben. Wie schön es ist gemeinsam an „Heimwehtagen“ die tollen Vorzüge von zuhause auf zu zählen. Wir sehr uns das Gefühl beseelt, das liebe Freunde auf uns warten. Und wenn wir auch nicht religiös im Sinne einer Kirchenzugehörigkeit sind, so ist mein Glaube an das Universum, was es gut mit uns meint stärker denn je.
***
Manchmal wird mein Optimismus und mein Glaube jedoch sehr erschüttert und ich werde noch mehr darin bestärkt jeden Tag zu genießen, was mir natürlich nicht immer gelingt.
Eine liebe Freundin aus Köln ist kürzlich an Krebs gestorben. Sie war in unserem Alter. Wir haben sehr lange eng zusammengearbeitet und viele Stationen des Lebens voneinander miterlebt. Sie hinterlässt einen Sohn von 13 Jahren. Angefangen hat es letzten Sommer mit einer „harmlosen“ Brustkrebs-Diagnose. Geendet mit einer unheilbaren Krebsform nur ca. 6 Monate später. Ihre Mutter selbst nach erfolgreicher Chemo aus dem Krankenhaus entlassen, muss nun ihre eigenen Tochter zu Grabe tragen…
Das ist so eine Situation, die mich echt erschüttert. Unsere Gedanken sind bei Nicoles Sohn, ihren Eltern und Freunden. Nicht nur der Verlust ist kaum zu ertragen, auch der Schmerz der anderen lastet schwer. Trotzdem ist es schön zu wissen, dass eine Freundin von uns noch ein paar Stunden vorher bei ihr im Krankenhaus war. Und warum, weil sie bestärkt wurde nix auf zu schieben. Diese letzten Momente mit zu erleben ist hart. Es wird schwer sein dieses Bild aus dem Kopf zu kriegen, aber liebe Anke, liebe Inga, seid Euch sicher, es hat Nicole sehr viel bedeutet eure Freundschaft bis zum Ende zu spüren. Ein echter Freundschaftsbeweis.
***
Auch wieder ein Teil unserer Reise. Die Gedanken und Nachrichten, die unsere Freunde betreffen. Neben meiner Familie der wichtigste Bestandteil meines Lebens. Teil des Leides und der Freude meiner Freunde zu sein. Und auch wenn es manchmal schwer ist das Leid zu teilen. Für mich gehört es zu einer richtigen Freundschaft dazu.
Am Ende des Lebens wird es einen schönen Teil meiner Erinnerungen ausmachen:
Teilhaber mancher Freundschaft gewesen zu sein!
Grenzübergang nach Bolivien bei 40 Grad im Schatten. Situationen die so oder ähnlich im Akkord ablaufen:
Bolivianische Männer und Frauen mit kleinen Kindern im Arm.
Unscheinbare Tüten oder nur einen kleinen Rucksack auf dem Rücken tragend.
Sauber und sehr ordentlich angezogen, von der Erscheinung her eher indigen.
Sie stehen geduldig in der Schlange, um nach Brasilien einreisen zu können.
„Was willst Du in Brasilien?“ fragt der brasilianische Immigrationsbeamte
„Meine Verwandten besuchen!“ – der Dialekt ist kaum zu überhören.
„Was ist dein Beruf?“
„Student.“
„Zeig mir Deinen Studentenausweis?“
„Den habe ich grad nicht dabei“.
Der Immigrationsbeamte schmunzelt den jungen Mann durch das Panzerglas an.
„Und wie lange willst du bleiben?“ fragt er ihn, schaut dabei aber seinen Kollegen an.
„10 Tage“
„Und Wieviel Geld hast du dafür dabei?“
„….Keines….“
„Tritt zur Seite“ antwortet der Beamte mit einem genervten Blick.
„Nächster Bitte“ !
„Was willst DU in Brasilien?“, fragt der Beamte nun den nächsten Bolivianer.
„Meine Verwandten besuchen!“ erwidert dieser mit viel zu leiser und sehr schüchterner Stimme.
„Was ist denn DEIN Beruf?“
…nicht zu verstehendes Genuschel…
Der Beamte ignoriert die Antwort, weil er sie eh zu kennen scheint.
„Wie lange willst du bleiben“?
„1 Monat“
„Und Wieviel Geld hast du dafür dabei?“
„Keines“
„Dann tritt zur Seite“
„Nächster Bitte“!
Es ist nicht einfach nach zu vollziehen, was in diesen Menschen nach solch einer Abweisung vorgehen muss. Es bewegt mich die verzweifelten Gesichter zu sehen und ein weiteres Mal bin ich dankbar dafür, dass ich Spanisch spreche, um ein bisschen zu verstehen. Ob es richtig oder falsch ist, kann ich natürlich nicht beurteilen, dafür kenne ich die Hintergründe nicht und weiß nicht welche Auflagen der Beamte zu erfüllen hat. Bestimmt auch kein einfacher Job. Natürlich ist es wieder nur ein europäischer Blick von draußen auf eine Situation. Aber mein Gefühl und die enttäuschten Blicke der Menschen sagen mir, dass sie hier und jetzt keine eigene und freie Entscheidung treffen können. Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals von irgendeiner Grenze abgewiesen worden zu sein…
Es ist uns ein Anliegen den Kindern solche Situationen zu erklären. Nicht einfach. Die Gesellschaft, die Politik und die Wirtschaft der Länder sind komplex. Wir haben eine Sicht von außen und verweilen zu kurz, um mehr Einsicht zu bekommen. Ich bezweifle, dass man als Ausländer jemals verstehen wird. Wir lesen zwar viel über das jeweilige Land, das wir berreisen, dennoch sind wir durch unser Demokratie-Verständnis geprägt.
Was ist der bolivianische Präsident Evo Morales für ein Mensch? Unser Bild setzt sich zusammen aus dem was wir beobachten, was wir hören und lesen. Seine Herkunft, sein Werdegang, seine Anfänge als Präsident, seine Projekte – wir hören unterschiedliche Meinungen. Wie immer hängt es davon ab, wie sehr man von politischen Marschrichtungen und Entscheidungen betroffen ist, ob man in der Stadt oder auf dem Land wohnt und von einigen anderen Faktoren.
Ich bin überrascht wie sehr Luis an solchen Themen interessiert ist. Die langen Fahrten im Auto nutzen er und Felix, um Stefan nach allen möglichen Themen aus zu fragen. Kriege, Staatsformen und Naturkatastrophen stehen ganz oben in der Beliebtheitsskala.
Ich sitze hinten, lausche und denke mir oft: „Wenn mir in der Schule das mal jemand so erklärt hätte“. Stefan überrascht mich immer wieder mit seinem Wissen.
Aguas Calientes – Lufttemperatur 35 Grad, Wassertemperatur 38 Grad – Ein See so warm wie eine Badewanne
Bolivien macht uns richtig Spaß und bietet genau das was wir gerne mögen.
In jedem kleineren Ort gibt es einen Mercado Campesino wo wir von Bauern das heimische Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte und Eier kaufen. Nach den Hyper-, Super-, Mega- und Maxi-Supermärkten im Süden Brasilliens eine große Bereicherung und für mich ein Genuss, von dem ich nicht genug bekommen kann.
Wir sind vor unserer Einreise nach Bolivien immer wieder (und gerne ungefragt) über die zurückhaltende, zum Teil anscheinend unfreundliche und „gefährlichen“ Art der Bolivianos „aufgeklärt“ worden. Unsere Erfahrung deckt sich ganz und gar nicht damit. Wir werden sehr freundlich empfangen, natürlich mit mehr Zurückhaltung als in Brasilien. Auch die Polizeikontrollen, bis jetzt waren es nur zwei halbherzige, waren uns wohl gesonnen. Weiter hoch in den Anden, in touristisch stärker frequentierten Teilen des Landes oder in weiter abseits gelegenen Orten kann sich das natürlich noch ändern. Aber wie immer halten wir uns an das Sprichwort „So wie man in den Wald hinein ruft…“.
Wir frühstücken hin- und wieder an kleinen Straßenständen, essen Hühnersuppe, trinken Alfalfa- oder Chiawasser, gönnen uns kleine Maissnacks, essen vollwertigeres Brot und freuen uns über frischen Spinat, Bohnen und Salat. Natürlich gibt es nicht alles in jeder Gegend. Wir passen unseren Speiseplan wieder an die Gegend an.
Auf unserem Weg nach Sucre, einer der zwei Hauptstädten Bolivien, durchqueren wir mehrere Klimazonen und erreichen zügig eine Höhe von 3.000 Metern. Wir entscheiden uns gegen die gängige Jesuitenroute und wandeln lieber auf den Spuren von Che Guevara abseits der Hauptroute. Mit unseren vier neuen Goodrich Reifen fühlen wir uns sicher genug 1 Woche durch die Berge über holprige Pisten und schwindelerregende Wege zu fahren. Wir danken unserem Bigfoot jeden Tag. Ein Traum für jeden Offroad Liebhaber. Die 3 Jungs in der ersten Reihe sind begeistert.
Samaipata, Wasserfälle – ein erfrischender kleiner Traumplatz
In La Higuera , dem Ort in dem Che sich versteckt hielt, verraten und nicht weit davon erschossen wurde, bleiben wir nur eine Nacht. Die Häuser der „Telefonista“ sind wirklich mit viel Liebe zum Detail von einem französischen Paar wiederhergestellt worden. Es gibt tolle s/w-Bilder zu sehen. Wir können nur erahnen was für ein wahnsinniger Kraftakt die Restaurierung, in diesen Bergen war – wirklich fern ab von jeglicher Zivilisation. Die Besitzer sind sehr nett und ihr 7jähriger Sohn freundet sich schnell mit Felix an. Dennoch liegt uns zu viel Imperialismus, Kommunismus und Anti-Globalisierungsgedöns in der Luft. Ja, wir sind auch für Vieles und gegen Anderes, aber die nette Unterhaltung mit dem Besitzer zeigt schnell, dass unsere Meinungen darüber weit auseinanderdriften. Es war auf alle Fälle die Mühe der Strecke wert. Geschichte live erlebt, bleibt den Kindern allemal besser in Erinnerung.
Das Thema „Tanken“ ist in „Overlander-Kreisen“ beliebt. Ihr müsst wissen, dass in Bolivien der Treibstoff für Einheimische subventioniert ist und ca. 3,74 Bolivianos kostet – ca. 50 Cent. Ausländer zahlen, vom Staat verordnet, mehr als das Doppelte. Offiziell 8,80 Bolivianos – über 1 Euro. Da kann man sich jetzt drüber aufregen oder sich für die Einheimischen freuen oder jemanden vor der Tanke ansprechen, der einem dann für den lokalen Preis 25 Liter im Kanister besorgt.
Wer wo und wann für wieviel Bolivianos und welche Mengen an Diesel kaufen konnte, hat sich zu einem Overlander-Volkssport etabliert. Diejenigen, die mit dem Superlativ Typ „LKW“ unterwegs sind, wissen zu schätzen, dass man außerhalb der Städte problemlos auch ohne Kanistertheater für den lokalen Preis tanken kann. Wir haben bis jetzt nur gute Erfahrungen gemacht und uns über die folgende kleine Anekdote gefreut:
An manchen Tankstellen, wird ein Ausweis verlangt, um die ID auf der Rechnung zu vermerken. Da wir aus diversen Gründen gewöhnlich nur unseren Führerschein zeigen, trägt der nette Tankwart keine Nummer sondern folgenden neuen Namen für Stefan ein:
Und weil es so viel Spaß macht: der finale BF Goodrich Reifen Wechsel hinter der brasiliniasch-bolivianischen Grenze!
Oscar Niemeyer Museum in Curitiba
Das imposante Gebäude, die auf den ersten Blick nüchterne aber dennoch so emotionale Bauart, die Geschichte und die Philosophie von diesem Architekten hat uns sehr beeindruckt. „Geschwungen wie die Wellen des Ozeans, sinnlich wie der Körper einer Frau“ eine Architektur wie eine Philosophie. Kein Wunder, dass ihm der Satz von diesem Philosophen gefallen hat: „Der Verstand ist der Gegner der Vorstellungskraft“ (Heidegger)
Iguazu Wasserfälle und der Vogelpark Des Aves
Im 3-Ländereck Brasilien, Argentinien und Paraguay liegen die beeindruckenden Wasserfälle, die sowohl von brasilianischer als auch von argentinischer Seite zu bewundern sind. Seit 1984 UNESCO-Welterbe. Der Vogelpark direkt daneben hat uns weitaus mehr Spass gemacht. Hier geht es weniger darum die Tiere zooähnlich zur Schau zu stellen, als vom Aussterben bedrohte Arten zu erhalten, zu züchten und für eine erneute Auswilderung zu trainieren. Des Weiteren ist es eine Art Kranken- und Rehabilitationseinrichtung für verletzte Tiere. Tukane und blaue, grüne und gelbe Papagaien so hautnah zu erleben ist ein Erlebnis. Leider ist das Umweltbewusstein der Brasilianer unterschiedlich stark verbreitet (vorsichtig ausgedrückt), sodass sowohl der Müll als auch die Zerstörung der natürlichen Lebensräume ein riesen Problem für die Flora und Fauna darstellen. Ein vielschichtiges Thema, welches wir auf der Reise oft diskutieren.
Werkstätten
Unser Bigfoot bekommt viel Aufmerksamkeit. Auch wenn wir am Anfang etwas genervt von den Reparaturen waren, so wissen wir nun die rechtzeitige Instandhaltung des eigenen Fahrzeuges zu schätzen. Alle „Overlander“ können von diversen Werkstatt-Aufenthalten berichten, da die Strassen, Pisten und das Klima eine außergewöhnliche Belastung für die Fahrzeuge darstellen. Wie ich in meinem letzten Blog schon erwähnt habe, gibt es auch hier einen Superlativ: Andres, ein sehr netter Chilene, campt in seinem alten VW bus bereits seit 3 Wochen in der Werkstatt. Als Gegenleistung für eine komplette Motorinstandsetzung hat er mit seinem Kumpel den gesamten Hof der Werkstatt von Schrott und Müll befreit. Das hat der Besitzer als Anlass genommen, um Wände streichen zu lassen und seinen Werkstattboden zu erneuern. Sie wirkten bereits wie eine große Familie. Danke Ze Carlos & Kollegen von „Tres Frontiers“ in Foz , wir haben uns sehr fair behandelt gefühlt. Eine Top Adresse!
Bonito
Der Ort zeichnet sich durch nachhaltigen Öko-Tourismus aus und hat ein paar versteckte Naturparadiese zu bieten. Schnorcheln im glasklaren Wasser, imposante Höhlen zum Abseilen und erfrischende Wasserfälle. Wir entscheiden uns für die günstigen und mit kleinen Kindern realisierbaren Varianten. Es ist heiss, bei z.T. 40 Grad. Die Moskitos lieben deutsches Blut und auch die Ameisen wissen Krümel im Kühlschrank, im Bett, hinterm Herd und am Fenster zu schätzen. Das Klima fordert uns heraus. Was wir besonders zu lieben gelernt haben: eisgekühlte frische Kokosnüsse. Wir sind dankbar für unseren Kühlschrank!
Südliches Pantanal
Die Beschreibungen im Dumont Führer haben Luis Erwartungen ins unendliche hochgeschraubt. Eine tierische Erfahrung wie in Afrika hat er sich vorgestellt. Kaimane, Papagaien und unzählige Vögel können da nicht mithalten. Wegen der extremen Hitze entscheiden wir uns deswegen gegen eine 3-tägige Tour mit unserem Bigfoot auf einem Boot den Fluss hinauf nach Porto Jofre. Das nördlichen Pantanal würde uns bestimmt ein besseres Dschungelfeeling bescheren, aber die Anstrengung erscheint uns für alle zu groß.
Motorradtreffen in Corumba
Verschwitzt treffen wir in der Grenzstadt zu Bolivien spät abends in einem Hostel auf einen sehr netten Motorradclub. Bergmann Dominguez treffen wir am nächsten Tag in seiner Werkstatt in Bolivien wieder. Er besorgt uns 2 günstige Goodrich Reifen und ein paar tolle Insidertipps gratis dazu. Am Ende der Brasilientour haben wir letztendlich alle 4 Reifen durch BF Goodrich AT Reifen ausgetauscht. Eine wirklich lohnenswerte Investition. Wir sind mit ihnen bereits 6 Monate quer durch Afrika ohne Platten gereist – jetzt können wir guten Mutes die Anden in Angriff nehmen.Wir treffen Bergmann Dominguez und seine Freunde zwei Tage später durch Zufall wieder. Ein gemeinsames Mittagessen, ein paar nette Wünsche und herzliche Umarmungen. Diese Begegnungen sind für mich neben den Attraktionen die schönsten Erlebnisse auf so einer Reise.
Die Insel Santa Catarina mit ihren 100 Stränden könnte von West nach Ost und von Norden nach Süden nicht unterschiedlicher sein. Die Meinungen darüber, was einen Besuch lohnenswert macht, bestimmt auch. Floripa, wie die Hauptstadt liebevollerweise von den Einheimischen genannt wird, ist ziemlich groß und glänzend und da wir es im Moment noch ruhig und beschaulich mögen, ziehen wir nach 1 Woche im Norden an der Ostküste Richtung Süden.
Mit Bodyboards der Holzklasse üben wir uns im „Wellen nachspringen“. Den perfekten Moment zu erwischen, damit die Welle dich bis an den Strand sanft und mit einem breiten Grinsen trägt, ist nicht einfach. Ein stundenlanges Versuchen was mitunter einem Schleudergang ähnelndem Unterfangen gleicht. Genügend Mut braucht man auch, denn, dass was vom Strand aus klein und einfach aussieht, entpuppt sich im Meer als Kraftakt und dich auffressen wollende Monsterwelle. Felix und Luis stürzen sich wie die Musketiere in die Wellen und lernen den nötigen Respekt. Die Gezeiten sind gnadenlos und können ganz schön gierig an den noch jungen Beinen zerren. Dann baden sie stundenlang im Sand und bestaunen die Locals, die in ihren Ganzkörper Wetsuits, wie Robben im Wasser liegen und gemeinsam auf DIE Welle warten. Am Ende des Tages springt immer irgendwo ein kleines Fußball-Match mit Locals heraus, die anfänglich noch belustigt die Blondschöpfe am Ende, ob der Trefferquote und Ehrgeiz doch mit Respekt und Handschlag verabschieden.
Der Osten der Insel ist bekannt für seine Austern und bietet vielfältige Möglichkeiten diese auf recht erschwingliche Art und Weise zu verspeisen. Luis und Felix mampfen fröhlich ihre überbackenen Juwelen, während Stefan lieber beim Huhn bleibt. Da es hier üblich ist gemeinsam zu bestellen, werden die Hauptgerichte zumeist für mind. 2 Personen angeboten. Eine sehr schöne Art miteinander zu speisen. Für die Jungs mitunter nicht so spassig. Den letzten Bissen in den Mund schiebend, gebe ich immer wieder gerne zu bedenken:“ Ihr wisst ja, mit mir ist nicht gut teilen, ich bin mit 7 Geschwistern aufgewachsen“. Ich kann Euch versichern, dass auch für mich die Reise mit 3 Alphatierchen nicht immer „Zucker schlecken“ ist.
Die Woche im Norden haben wir auf einem Campingplatz verbracht. Im Sommer bestimmt heiß und überfüllt, in der Nebensaison aber beschaulich, mit niedrigeren Preisen und sehr angenehmen Temperaturen. Neben den notwendigen Haushaltsdingen haben wir aber vor allem die Zeit mit Tina und Daniel und ihren 3 bezaubernden Mädels verbracht. Die zwei Kreativen (gebürtig aus Dland und zuletzt in der Schweiz lebend) haben ihre Reise lange geplant und sind gut ausgestattet mit Sponsoren bereits vor 6 Monaten aus Dland nach Uruguay gekommen. Sie haben ebenfalls ein Auto vor Ort gekauft, einen Mercedes 307. Nach dem ersten Umbau und einer darauffolgenden Probezeit haben sie jedoch gemerkt, dass ein Auto für 2 Personen, für fünfe nicht unbedingt praktikabel ist. Es folgte nochmal ein kompletter Umbau. Ihr Start hat sich somit um 3 Monate verzögert und sie als Familie an den Rand der möglichen Belastung gebracht. Mit Kindern können kleine Mücken eben doch zu Elefanten werden.
Einmal mehr finde ich es wichtig auch diese Seiten des „Nomadenlebens“ zu erwähnen: die nicht perfekten, unplanbaren, nicht voraussehbaren Zwischenfälle, die das Menschsein in petto haben kann. So ein Abenteuer ist eine ziemliche Herausforderung für alle – alleine, zu zweit, als Erwachsene aber mit kleinen Kindern noch viel mehr. Zu schön wäre es, wenn die auf Instagram dargestellten Traumwelten, die sich „vanlifediaries“ oder „Homeiswhereyouparkit“ nennen, einzig und allein der Realität entsprächen. Zigtausend Follower und filmreif nachgestellte Szenen können nicht darüber hinweg täuschen, dass der Alltag zumeist anders aussieht. Natürlich kommt es auf das Land, die Jahreszeit, das Fahrzeug und die Begleiter an, aber so sehr man auch an jedes Detail denkt, es wird anders kommen als man es sich vorgestellt hat.
Die Tage des Regens, der feucht klammen Klamotten, der fast unhaltbaren Nähe, der nach Bratfett riechenden Kabine, der voll Sand von den Füssen der lieben Kleinen juckenden Kopfkissen, der zu langen Tagesetappen, der sich in den unpassenden Momenten streitenden Kinder und und und Situationen…. werde selten beschrieben noch gezeigt.
Ich kann euch garantieren, dass ALLE diese Momente haben. Auch die Aussicht darauf, dass diese Zustände in unterschiedlichen Nuancen in den nächsten Monaten dauerhafte Begleiter sein werden, lässt das Herz nicht höher springen aber auf alle Fälle die eigene Toleranzgrenze erweitern.Manchmal bin ich mir nicht sicher, ob wir, wenn die Hutschnur mal wieder platzt, wirklich die besten Vorbilder sind, die unsere Kinder so ungefiltert 12 Monate ertragen müssen. Wie war noch der Spruch bezüglich der Erziehung: Es braucht ein ganzes Dorf .. ?
Aber was wäre ein Abenteuer ohne Herausforderung? Die Frage ist nur: will man sich dem stellen? Will man daran wachsen? Kann man das als Familie und als Paar aushalten? Wir haben für uns alle Fragen mit JA beantwortet (…naja, die die wir uns vorher vorstellen konnten) und Tina und Daniel haben es auch.
Ihre Kinder sind noch kleiner als unsere Jungs – Selma 1, Ella 5 und Klara 6 Jahre alt. Das bringt nochmal etwas andere Herausforderungen mit sich. Schön zu sehen, dass auch das zu meistern ist. Wir haben 6 entspannte Tage zusammen verlebt: über lustige und unmögliche Werbejobs gelacht und den Einfluss der Werbung bis hinein ins Familienleben seziert.
Die Werber unter Euch, ob angestellt oder selbständig, werden verstehen, dass die Arbeit in dieser Branche die meisten sehr vereinnahmen und zum Teil bis hin zum burn-out oder in Depressionen treiben. Ein immer noch sehr verschwiegener Zustand. Die Werbung ist oft gnadenlos und wird sich hoffentlich in den nächsten Jahren noch Familienfreundlicher zeigen… Aber zurück zu unserem Abenteuer.
Ein gemeinsames Highlight war natürlich Felix 6. Geburtstag.
Den haben wir standesgemäß auf einem Piratenschiff verbracht.
Unsere Vorstellung war verwegen und abenteuerlich. Die Realität war haarsträubend und dennoch herrlich skurril. Ich überspringe mal die erste Stunde, in der wir grün um die Nase an den Tampen hingen. Der Wind und damit auch der Wellengang waren an diesem Tag wirklich gemein. Die kleine Selma hat sich das nicht gefallen lassen und erstmal das gesamte BioMüsli ausgekotzt und Tina somit die Freude bereitet die Bekanntschaft mit dem „Köchen“ unter Deck zu machen. Felix und Ella verharrten in einem bekifft aussehendem Wachkoma. Ich habe mich tapfer zum Caipirinha stand durchgeschlagen und Stefan, Luis und Klara wie Käptain Sparrow mit einem Lächeln im Gesicht. Aus den Lautsprechern schepperten neben der ohrenbetäubenden Musik auch die brasilianischen Anheizersprüche eines wie Captain Sharky verkleideten Piraten.
Die zumeist brasilianischen Gäste fanden es super und ließen sich zu jeglichem Blödsinn hinreißen. Auf auf einem Podest noch schlechter verkleidete pseudo Zumba tanzende Putzlumpen schwingende Piratinnen, die Step-by-Step der schräg liegenden Bretterbude entgegen zu wirken versuchten. Zum Glück gab es für uns noch ein etwas ruhigeres Plätzchen auf dem Heck, welches bedrohlich hin und her wackelte und es mir erschwerte die Überreste vom Biomüsli vom Sitz zu wischen.
Der erste Inselstopp hat das Blatt dann wieder gewendet und uns die Farbe und das Lachen ins Gesicht zurück gebracht. Nach 2 weiteren Stopps und 5 Stunden Wellengang, waren wir eins mit der Crew und dem nun schon leicht angetrunkenen Partyvolk, die in allen erdenklichen Sprachen „Happy Birthday“ für Felix gesungen haben. Das leichte Zittern in den Beinen, die zerzausten Haare und unsere Erleichterung über die Nichtverwendung der Notinseln haben diesem unvergesslichen Geburtstagsabenteuer einen krönenden Abschluss gegeben. Daniel, der wegen eines eh schon verstimmten Magens im Bus geblieben war, konnten wir von einem einzigartigen Abenteuer erzählen.
Da es in der Nebensaison leider keine Bootstouren der einfachen Art auf andere Inseln gibt, hat sich mein schlechtes Gewissen erst dann gelegt, als die kleine Ella nach 2 Tagen mit einem fröhlichen Gesicht zu mir kam und sagte: „Ich wünsche mir auch so einen tollen 6. Geburtstag“.
Während ich das schreibe sitze ich vor unserem Bigfoot, der direkt am Strand geparkt ist. Die Räder im Sand, 10 Meter feiner Strand, plätschernde Wellen – so gleichmässig, so friedlich, so ruhig – sollte ich jetzt doch in die „kitsch as kitsch can“- Instagram Falle tappen?
Tut mir leid, aber das kann ich euch auch nicht vorenthalten: Sonnenuntergang mit Sundowner, schwimmen im Abendlicht, Hängemattenmomente unter rauschenden Palmenwipfeln, wandern auf Dschungelpfaden zu Wasserfällen, Frühstück am Strand….
#Homeiswhereyourheartis #getoutstayout
…. und jeden Abend kehren wir heim in unser neues zuhause, unseren treuen Begleiter der uns den wichtigen Rahmen auf dieser Reise und den Halt im Alltag gibt. Unseren Rückzugsort! Unseren Cocoon! Unser neues Heim!
In Höhe der Küstenstadt Torres zieht es uns in die brasilianische Bergwelt mit sattgrünen Canyons. Auf über 1.000 Meter überblicken wir die Nationalparks von Itaimbezinho und Fortaleza und übernachten unter sternklarem Himmel neben einer Absprungrampe für Gleitschirmflieger.
Am nächsten Morgen kommt mit dem Wind auch Blitz, Donner und Regen und zwingt uns zu einem überstürzten Aufbruch, den Luis, um den wohlverdienten Schlaf gebracht, erst mal nicht verzeihen kann. Die weiter führende Straße wird durch Bauarbeiten blockiert und wir müßen ein langes Stück schwer zu befahrende Piste zurückkehren – für uns 4×4 Freunde kein Problem. @Clemens: „Wir trainieren schon mal “
Der einsetzende Regen und dichter Nebel erhöhen den Adrenalinspiegel aber nicht unbedingt die Stimmung. Sehr spitze Steine und tiefe Löcher machen es unserem Bigfoot nicht besonders leicht, aber mit Gefühl erreichen wir die nächst größere Ortschaft.
Wie geht’s nun weiter? Stefan vertraut am liebsten der Navigationstechnik, ich bevorzuge die Landkarte und während wir noch über den Abzweig sinnieren, merken wir, dass das Fahrgefühl irgendwie nicht stimmt. Stefan hält an, läuft ums Auto und ich sehe das Desaster schon im Außenspiegel: ein Platten hinten rechts. Für die Jungs ein Abenteuer für uns eine ziemliche Kurbelei am Wagenheber. Highlander zeigt dass er seine Hausaufgaben gemacht hat und nach kürzester Zeit haben wir das Rad ausgetauscht und legen einen kurzen Pit-Stop beim Ferrari-Service-Team um die Ecke ein. Reifen Check-up!
Wir haben Glück. Es ist nur ein Loch, welches schnell geflickt ist. Felix streichelt unseren Bigfoot! Es ist immer wieder schön zu sehen, wie anders Kinder mit Situationen umgehen. Wir können einiges von ihnen lernen, wenn wir denn aufmerksam genug sind.
Diese saftig grüne Gegend, mit ihrem fruchtbaren Boden gefällt uns sehr gut. Sie ist etwas wilder als die Küste und der Wald gibt sich schon etwas dschungelartiger. Sehr ursprünglich. Da das Wetter aber kühl bleiben soll nehmen wir die Etappe hinunter nach Florianópolis, der attraktiven Küstenstadt mit ihren 100 Strände, in einem Tag. Dort treffen wir auch Tina und Daniel mit ihren 3 Mädels wieder.
Wie und wo?
Das ist eine andere Geschichte, die ich später erzählen werde.
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